Mittwoch, Januar 31, 2007

Bye bye Australia, Kia ora New Zealand!

Wie schnell die Zeit vergeht! Jetzt bin ich schon in Neuseeland, und ich habe (nur) noch 5 Wochen hier. Aber der Reihe nach. Nachdem ich mein Auto in Sydney verkauft hatte, habe ich versucht, von Sydney aus meinen Hinflug nach Neuseeland um eine Woche vorzuverlegen, um dort mehr Zeit zu haben. Obwohl gerade noch knapp Hauptsaison ist, hat das geklappt, hatte ich gar nicht gedacht, aber Qantas hat auch taeglich fuenf Fluege nach Neuseeland.

Meine letzten Tage in Australien (abgesehen davon, dass mein Flug nach Hause mich noch mal vier Tage nach Australien bringen wird) habe ich in Canberra verbracht, wo ich bei Hans-Joerg, einem Freund von Raimund Schwabenbauer, in dessen Werbeagentur ich 2001 ein Praktikum gemacht habe, uebernachten konnte. Hans-Joerg ist vor rund 30 Jahren in Australien "haengengeblieben" und arbeitet hier zur Zeit an der Uni.



Wir haben viel zusammen unternommen und ich habe noch einmal einiges von Canberra gesehen, zum Beispiel den High Court, die Wassersaeule im Lake Burley Griffin (137 Meter hoch)...


... und das Science Centre Quaestacon.


Hier sind meine und Einsteins Frisur noch recht aehnlich. Einen Tag spaeter dann nicht mehr. Ich bin zum Friseur gegangen, weil mich das "$10 for hair cut" - Angebot gelockt hat; naja, eigentlich war es ein asiatischer Computerhaendler, der im Hinterzimmer auch Haare geschnitten hat, aber das habe ich erst gemerkt, als ich schon drin war. Aber was sollte bei meiner Frisur schon schief gehen, dachte ich. Leider waren seine und meine Englischkenntisse und vor allem die Aussprache recht verschieden, und nach laengerer Diskussion ueber den Schnitt meinte ich dann "2cm shorter". Im Nachhinein denke ich, er hat "2cm short" verstanden, und nach dem ersten tiefen Schnitt gabs dann kein Zurueck mehr. Ich hoffe, alles ist nachgewachsen, wenn ich wieder ins kalte Deutschland komme.


Habt ihr eigentlich von dem Kometen gehoert, der auf der Suedhalbkugel besonders gut zu sehen war? Das ist er (eventuell mal das Foto grossklicken), er war mehrere Naechte lang zu sehen.


Hier war uebrigens gerade Nationalfeiertag (Australia Day)...


...und da war eine Menge los in der City. Unter anderem wurde eine Buehne fuer Musikveranstaltungen vor dem bunt angestrahlten Parliament House aufgebaut.


Von oben siehts noch schoener aus.


Am Sonntag, dem 28.01.07, gings dann mit dem Bus nach Sydney, von Oper und Hafen verabschieden, ...




...und danach auf ins Land der Kiwis, wo ich um Mitternacht ankam. Nicht gerade die beste Zeit, um vom Flughafen in die Stadt zu kommen und im Hostel einzuchecken, muss ich sagen. Das erste Hostel seit rund 3 Monaten Ùbrigens. Und natuerlich prompt mit einem Schnarcher im Zimmer.


Ich bin in Auckland angekommen, der groessten Stadt im Land. Hier wohnt fast jeder Dritte der vier Millionen Neuseelaender. Die Hauptstadt ist Auckland aber nicht, nur das wirtschaftliche Zentrum. Neuseeland besteht aus einer dicht besiedelten Nordinsel mit vielen Vulkanen, und einer sehr gebirgigen und lediglich von Schafen dicht besiedelten Suedinsel.


Auf den Fotos kšnnt ihr einige der 49 Vulkanhuegel (die alle noch aktiv sind, alle aufpassen!) in Aucklands Stadtgebiet gut erkennen. Durch die fruchtbare Erde ist natuerlich alles gruen bewachsen.



Auckland, wegen des grossen Hafen auch "City of the Sails" genannt, ist ganz schoen, aber grosse Unterschiede zu australischen Staedten sehe ich nicht. Ich fands interessant, dass Auckland flaechenmaessig (natuerlich nicht einwohnermaessig!) mal zu den groessten Staedten der Welt zaehlte.



Der Skytower ist mit 323 Metern der groesste Turm der Suedhalbkugel, und auch wenn die Aussichtsplattform nur auf der Haelfte der Strecke ist, sieht man weit.





Die Preise sind, soweit ich das bis jetzt beurteilen kann, knapp 10% guenstiger als Australien, aber so wenig ist kaum zu spueren, nur zu berechnen. Wie das im Vergleich zu Deutschland ist, kann ich nach so langer Zeit nicht mehr sagen, ich werde wohl auch nach der Ankunft noch eine Weile in Dollar rechnen.





Berlin => 17748km => Auckland
Viel weiter weg von Europa kann ich schon kaum mehr sein! Und noch dazu stehe ich ja auf dem Kopf. (Eines Morgens war mir auch mal sehr uebel, und ich wusste nicht warum). Wuenscht mir genug Sonnenschein im Land "of the big white cloud". Das ist hier nicht mehr so selbstverstaendlich!

Dienstag, Januar 23, 2007

Mt Kosciusko und Canberra (oder: Ab jetzt wieder Fußgänger)

Ich habe jetzt schon viel von Australien gesehen, aber auf dem höchsten Berg des Landes war ich noch nicht. Allerdings, hoch ist er nach unseren Maßstäben nicht gerade, der Mount Kosciusko, "nur" 2226 Meter. Nun ja, offenbar aber hoch genug, um meinem Auto eine Zwangspause wegen eines heißen Motors zu verpassen. Aber bei solchen Landschaften nehmen wir doch gerne mal eine Auszeit.

Bei der Gelegenheit muss ich gleich mal sagen, mein Auto und ich, wir trinken ja mittlerweile aus der gleichen Wasserflasche, so nahe sind wir uns schon gekommen. Aber zurück zum Mount Kosciusko, der im gleichnamigen Nationalpark liegt (5 Autostunden östlich von Echuca, 2 Autostunden südlich von Canberra). Hier liegt nämlich "Australia's only International Ski Resort". Und darauf sind alle mächtig stolz.


Thredbo, der Hauptort der Region, sieht aus wie eine Kopie eines schweizer Ski-Dorfes, inklusive mehrstöckiger Häuser mit Ziegeldach und Holzplanken, also sehr ungewöhnlich für Down Under. Und Skier werden hier auch verkauft, auch wenn die Skisaison nur 3 Monate beträgt. Momentan ist ja eh Sommer, da ist der Ort fest in der Hand von Bergwanderern. Und da ich schon mal da war, dachte ich mir, da mach ich doch mit und laufe auch gleich mal rauf auf den Hügel (die Teerstraße über den Charlotte Pass wollte ich meinem Auto lieber nicht mehr zumuten). Es gab zwar auch eine Sesselbahn, aber wandern tut ja gut, und das Geld kann man sich sparen. Dachte ich mir. Als ich nach 3 Stunden Kletterei über steile Wanderpfade und Skipisten endlich oben war, war ich völlig fertig und gut verschwitzt von 35 Grad. Vielleicht hätte ich doch den Lift nehmen sollen. Hier das Foto vom Rückweg, da kann ich schon wieder lächeln.


Fliegen gab es ohne Ende; gut, dass ich mir in Echuca diesen Hut mit integriertem Fliegennetz geholt habe. Übrigens war ich erst von der Tal- auf die Bergstation gewandert, der Weg zum Mount Kosciusko lag noch vor mir. Zum Glück war er nicht mehr so steil.


Und da hinten irgendwo ist er, der höchste Berg Australiens. Nicht grade ein Eye-Catcher. Genau dann, als ich angekommen war, kühlte es ab und fing an zu regnen.


Ich konnte die Aussicht kaum geniessen und bin natürlich sofort wieder zurückgehastet. Ab der Bergstation wurde es dann wieder heiß. Der Wettergott mochte mich an diesem Tag nicht. Dafür hat mir ein kleiner Junge beim Abstieg seine letzte Fahrt für die Sommerrodelbahn geschenkt!

Mein nächster Stopp war in Canberra, Australiens kleiner Hauptstadt, und gleichzeitig dem kleinsten Bundesstaat (eine politisch ähnliche Konstruktion wie Berlin, Hamburg oder Bremen). Etwas außerhalb des Staatzentrums, in der Tidbinbilla Nature Reserve, steht das Deep Space Communication Centre, von dem aus die NASA unter anderem das Weltall nach Außerirdischen absucht, Satelliten überwacht und mit Raumschiffen kommuniziert. Diese Art von Anlage mit mehreren riesigen Antennen gibt es nur dreimal weltweit, in Californien, Australien und Spanien. So ist die ganze Welt mit dem Antennensignal abgedeckt.


Ich fand das Foto originell, weil der Kinderspielplatz die wahre Größe der Antenne verdeckt (70 Meter Durchmesser) und sie wie ein Spielzeug aussehen lässt. Es gab im Deep Space Centre eine Menge zu entdecken und zu besichtigen, zum Beispiel einen Nachbau des sechsrädrigen Marsroboters, der Bilder von der Marsoberfläche sendet.

Canberra selber hat sich von einer langweiligen Beamtenstadt zu einer Touristenattraktion mit fantastischen Austellungen und Museen gewandelt. Und das Beste ist: Die meisten Touristen (und Australier) haben das noch gar nicht mitbekommen, soll heißen, die Stadt ist recht leer. Könnt ihr euch eine Führung im Berliner Reichstag ohne Warteschlange und mit 10 Teilnehmern vorstellen? In Canberras neuem Parliament House ist das möglich.


Hier liegt übrigens eine der weltweit vier Originale der Magna Charta aus dem 13. Jahrhundert aus.


Bevor Australiens Parlament im neuen Parliament House getagt hat, war es 50 Jahre in einem provisorischen Gebäude, dem Old Parliament House, untergebracht. Das hat mir ehrlich gesagt fast besser gefallen.


Die neue Architektur ist oft so schmucklos, nur Beton und Stahl; ein Parlamentsgebäude kann ruhig etwas Majestätisches ausstrahlen. Die meisten Gebäude hier verlangen übrigens keinen Eintritt, wohl um die wenigen Besucher nicht auch noch zu vergraulen. Überhaupt merkt man, das massiv Geld in die kleine Stadt gepumpt wird, um sie aus dem Schatten von Sydney und Melbourne zu heben.

Obligatorisch war für mich ein Besuch bei der Deutschen Botschaft in Canberra. Aber es war recht enttäuschend, unser Häusle ist ein langweiliger 70er-Jahre Funktionbau. Häßlicher gehts kaum.


Einige andere Länder haben da mehr auf die Beine gestellt, zum Beispiel ein paar Länder aus Asien mit tempelähnlichen Pagoden, die extra für Besucher öffnen. Besser war da das War Memorial, das, anders als der Name vermuten lässt, eines der größten und besten Museen Australiens ist und aller Kriege gedenkt, in denen Australier gekämpft haben.



An der Wall of Honour sind die Namen sämtlicher Verstorbenen verzeichnet. Die Idee mit den vielen roten Kunstrosen auf der schwarzen Steinwand fand ich ganz fantastisch. Vom War Memorial führt eine Sichtachse zum alten und neuen Parliament House.


Canberra unterscheidet sich vollkommen von allen anderen australischen Städten. Die Stadt ist Anfang des 20. Jahrhunderts praktisch am Reißbrett entstanden und basiert auf den Prinzipien einer Gartenstadt mit weitläufigen naturbelassenen Flächen und Parks, was ihr den Beinamen "Busch-Hauptstadt" einbrachte. Der Nachteil dabei ist, das die Entfernungen zwischen verschiedenen Sehenswürdigkeiten enorm sind und man zu Fuß praktisch nichts erkunden kann, zu lange wäre man unterwegs.

Nach drei Tagen habe ich Canberra wieder verlassen, um noch genügend Zeit für meinen Autoverkauf in Sydney zu haben. Auf dem Highway nach Sydney habe ich die letzten "Highlights" meiner letzten Autoreise in Australien abgegriffen, das weltgrößte Betonschaf in Goulburn...


...und den größten Buddhatempel der Südhalbkugel in Wollongong.


Im Kangaroo Valley, eine Stunde südlich von Sydney, habe ich übernachtet, und ein Wombat hat sich nachts lautstark am Autoreifen den Rücken gekratzt, so dass ich zweimal aufgewacht bin, weil der ganze Wagen gewackelt hat (ich hab das Wombat im Licht der Taschenlampe genau gesehen).


Noch so ein Foto wie im letzten Beitrag! Die haette ich viel oefter machen sollen.

In Sydney war dann wieder Schluss mit dem lockeren Reiseleben, jetzt hieß es Autoverkaufen. Zu diesem Zweck hatte ich bereits vor vier Wochen einige Verkaufszettel mit Fotos, Beschreibung und meiner Telefonnummer in der Stadt an den typischen Punkten verteilt (vor allem im Backpackerviertel Kings Cross und in vielen Hostels), aus der immerhin eine (!) Nachfrage resultierte. Nach einer Probefahrt wollten die beiden Mädels den Wagen kaufen, bestanden aber noch einen Werkstattcheck. Ich hatte nichts dagegen, zwar würde sicher irgendetwas gefunden werden, hier und da knackts und klickts schon mal bei dem Wagen, aber er fuhr ja gut. Leider hat die Werkstatt dann doch mehr Mängel gefunden als ich vermutet hatte, so dass ich wieder ohne Käufer dastand. Nun musste ich also möglichst einen Käufer finden, der nicht auf einem Werkstattcheck bestand, was dem möglichen Verkaufspreis logischerweise nicht gerade zugute kam. Noch dazu war das Autoangebot in Sydney recht gut, was den Verkaufspreis weiter reduzierte. Es ist schon eine schwierige Situation, in einem fremden Land ein stark mängelbehaftetes Auto in einer recht kurzen Zeitspanne möglichst teuer zu verkaufen. Würde ich zu lange warten und keinen Käufer finden, hätte ich ein Problem. Also besser low money als no money. Die ganze Zeit habe ich im Auto übernachtet, um Geld zu sparen, nicht gerade angenehm (und erlaubt) innerhalb der Stadt. Jeden Tag bin ich durch die Straßen gezogen und habe meine Verkaufsanzeigen in Hostels und an Straßenlaternen geklebt (und natürlich im Internet). Einziger Lichtblick in dieser Zeit war das kostenlose Konzert des Sydney Sinfonie Orchesters im Botanischen Garten. Mit kleinem Feuerwerk am Ende. Jetzt hab ich doch noch ein Feuerwerk in Sydney gesehen!


Nach quälend langen Tagen und Übernachtungen auf Parkplätzen in verschiedenen Suburbs habe ich aber doch noch einen Käufer gefunden, dem ich den Wagen andrehen konnte. Erstaunlicherweise einem Ex-Kfz-Mechaniker. Naja, er muss ja wissen, was er kauft.


Und jetzt ist der Wagen verkauft (ich habe ihn gleich in der Motor Registry abgemeldet) und ich wieder "Fußgänger". Irgendwie bin ich fast etwas traurig, andererseits aber auch erleichtert; ich hatte keinen Unfall und - trotz vieler kleiner Defekte - keine kostspielige Panne. Beides wäre hier wohl das Aus für meine Reise im eigenen Auto gewesen. Aber alles ist gut gegangen. Ein Glück! Ab jetzt ist die rechte Hosentasche wieder frei, wo der Autoschlüssel immer war, ich übernachte nicht mehr im Wagen, wo ich von den ersten Sonnenstrahlen geweckt werde, es gibt kein Haarekämmen im Rückspiegel mehr, keinen morgendlicher Öl- und Wassercheck, der bei den heißen Temperaturen mittlerweile festerer Bestandteil des Tages war als das Zähneputzen, kein Frühstück mehr im Auto, mit dem Teller eingeklemmt hinter dem Lenkrad, kein Karte halten mit der einen und Lenken mit der anderen Hand mehr, kein abendliches Wühlen in der Speisekammerbox (mach ich jetzt Nudeln, Nudeln, Reis oder Nudeln?), kein Suchen nach einem unauffälligen und möglichst wenig schrägen Übernachtungsplatz, keine Sternegucken durch die Heckscheibe inklusive Fluchen über die durchgelegene Matraze. Vor allem aber: Kein "Mein Zuhause"-Gefühl mehr beim Anblick eines Autos, das fünf Monate mein Zuhause war - mein Fortbewegungsmittel, mein Bett, Esszimmer, Speisekammer, Gepäckraum, Leseraum, Rückzugsraum, kurz: meine Reisezentrale. Stattdessen wieder: Selber laufen. Zur Bushaltestelle, zum Bahnhof, zum Einkaufen, zum Sightseeing. Überallhin. Und mit dickem Rucksack am Rücken, wie in meinen ersten Monaten in Australien.

Aber immer wenn ich zu wehmütig an den Wagen denke, nehme ich mir einfach die Mängelliste des letzten Checks, dann kommt wieder Erleichterung. Nachdem nun alles gutgegangen ist, will ich sie euch nicht vorenthalten, denn sie ist der absolute Hammer (ich hoffe, euer Englisch reicht für die Fachbegriffe aus):


28 Mängel! Sicherlich, vieles ist Kleinkram, wie die defekte Glühlampe, der wackelnde Fahrersitz, dem eine Schraube fehlt, die Windschutzscheibe mit ein paar Kratzern am Rand und die kleine Delle im Dach. Anderes dagegen ist schon heftig, wie der undichte Benzintank oder die gebrochene Motoraufhängung (das muss man erst mal schaffen). Ich bin der Meinung, dass ein Großteil der Mängel schon länger bestand, da Daniela und ich immer vorsichtig und langsam gefahren sind, aber das ist im Nachhinein schwer zu sagen. Tatsache ist: 15 Jahre harte (zum Teil ungeteerte Outback-)Straßen fordern ihren Tribut - wie man sieht, hauptsächlich in der Mechanik, weniger in der Elektronik.

Der Mechaniker, der mir diesen Bericht gab, schien fast erstaunt, dass ich es überhaupt in die Werkstatt geschafft habe, dabei sind wir 19.000km durch ganz Australien gefahren. Das hat schon was!


Tja. Das war mein erstes Auto. Wie ihr seht, hat es mich beschäftigt. Aber schön wars trotzdem :-)

Sonntag, Januar 14, 2007

Wiedersehen mit Charles - unterwegs in den Goldfields

Wiedermal bin ich in Adelaide angekommen, das erste Mal von Westen, das zweite Mal von Südosten, dieses Mal von Norden aus Broken Hill, und zwar am 2. Januar 2007.


Eigentlich hatte ich mal geplant, von Broken Hill direkt nach Süden Richtung Mildura und Swan Hill zu fahren, aber durch Zufall kam Charles, mein alter Wwoofing-Farmer aus Comboyne, diese Tage in sein Haus in Adelaide, und die Gelegenheit zu einem zweiten Treffen in Australien wollten wir beide nicht verstreichen lassen. Charles lebt ja eigentlich an der Ostküste, kommt aber regelmäßig nach Adelaide, um hier nach dem Rechten zu sehen und alte Kontakte zu pflegen. Das Haus hat er vermietet, daher habe ich auch im Auto übernachtet, aber ich bin freundlich im Haus aufgenommen worden. Hier sind wir mal alle zusammen beim Abendessen (ich habe Dessert gemacht).


Wie ich schon vor 7 Monaten in Comboyne vermutet habe, ist Charles - Exfernsehproduzent, Vegetarier, Weltenbummler, Ökofarmer, Mac- und Skype-User, Freizeitphilosoph und Freund der schönen Künste - wohl das, was man einen bunten Hund nennen könnte. Das Haus liegt in einer guten Gegend in Nord-Adelaide, ist aber selber, naja, sagen wir eher unaufgeräumt. Oder originell. Es hebt sich eben vom Rest ab; es besteht aus spitzen Winkeln, mehreren Ebenen, Beton-, Holz-, Glas- und Plexiglaswänden und ist vollgestopft mit sinnvollen oder sinnlosen Objekten und Bildern unterschiedlichster Herkunft und Malart. Es wirkt fast ein bisschen wie ein Museum für Kunst und Kreativität. Es sollen schon wildfremde Leute vorbeigekommen sein, die von dem Haus gehört haben und eine Führung wollten. Hier mal ein Beispiel für die Schöpfungskraft: Ein Motor treibt dieses Rad an, das wiederum mit einer Schnur diesen von der Decke hängenden Windfächer hin- und herbewegt...


...und da es ein großer Raum ist, gibt es natürlich noch mehr von diesen Windfächern, die parallel hin - und herschwingen.


Ihr könnt euch vorstellen, dass das ganz angenehm bei den heißen Temperaturen hier ist. Eine Klimaanlage konnte Charles sicher nicht mir seinem Umweltgewissen vereinbaren, aber diese Lösung funktioniert prima und sieht noch dazu gut aus.

Ich habe die vier Tage, die ich hier war, sehr genossen, konnte Charles bei seinen Lieblingsbeschäftigungen zusehen, vor allem Mangos essen...


...und Modellflugzeuge mit zu schwachem Motor am Boden herumfahren lassen.


Auch sonst wurde uns nicht langweilig; einmal waren wir bei Charles Freunden Ben und Dan-Dan chinesisch essen. Und da die Zubereitung sehr lange dauert (besonders, wenn man das Ergebnis sieht), haben wir lieber mal mitgeholfen, die "Teigtaschen" (dumplings) zu kneten.



Leider musste ich ja irgendwann weiterreisen, sonst hätte ich wohl noch den Beginn der Restaurierung von Charles` altem Citroen DS mitbekommen, der seit Jahren in der Garage auf bessere Zeiten wartet. Das hätte mich sehr interessiert, da es mein Lieblings-Oldtimer ist.

Die folgende Fahrt wird vermutlich die letzte große Reise für mich mit dem Auto in Australien sein; leider habe ich keinen Mitstreiter mehr für diese Strecke gefunden; was auch daran liegen könnte, dass sie nicht auf einer der typischen Backpackerrouten liegt. Daher und aus Zeitmangel habe ich diese Fahrt auch mehr gekürzt als ursprünglich geplant, aber es gab einige Dinge zwischen Adelaide und Sydney, die ich mir nicht entgehen lassen wollte.

Am 7. Januar 2007 habe ich Südaustralien verlassen. Wiedermal habe ich einen "Pink Lake" gesehen. Der See ist mit einer Art pinkem Kristall bedeckt, ähnlich einem Eis- oder Salzkristall, das so fest ist, das man darauf laufen kann. Das fühlt sich komisch an, und es knirscht wie auf Schnee.



Über Horsham und Ararat bin ich in den Bundesstaat Victoria gekommen. Mein Ziel war die Goldfields-Region, das Gebiet, in dem zwischen 1850 und 1890 nach Goldfunden der weltweit letzte große Goldrausch eingesetzt hat. Tausende Goldsucher kamen aus aller Welt und gruben die Erde um. Ob Europäer, Australier oder Chinesen (von denen viele kamen), ob Arbeiter oder Akademiker, ob alt oder jung, die Suche nach Gold hat sie alle gleich gemacht. Mit einer Schaufel und ein bisschen Glück konnte jeder jederzeit reich werden. Theoretisch. Oder jahrelang praktisch umsonst buddeln. Auch wenn die ertragreichen Minen bald in den Händen von großen Firmen waren, die das Kapital für tiefe Grabungen hatten, so hielt die Faszination Gold die "kleinen" Goldsucher doch lange in der Gegend, und die Goldnuggets, die sie fanden, ließen die Städte der Region aufblühen. In Ballarat, meinem ersten Stopp, wurde die Avenue of Honour errichtet, mit einem gewaltigen Tor und kilometerlang Bäumen am Strassenrand - ganz beachtlich bei der Trockenheit.


In Ballarat befindet sich eine der meistbesuchtesten Touristenattraktionen Australiens: Der Souvereign Hill, eine Mischung aus Freilichtmuseum und Themenpark. Die alten Gebäude Ballarats auf dem Souvereign Hill wurden restauriert und genau so wieder hergerichtet wie in den 1850er Jahren zum Beginn des Goldrausches. In der Stadt laufen Leute in der Kleidung wie von 1850 herum und arbeiten im Sägewerk, in der alten Goldmine, in der Bank, Apotheke oder Bäckerei. Pferdekutschen fahren durch die engen Gassen, und in den Läden kann man Waren wir vor 150 Jahren kaufen. Das Beste aber ist: Alles ist echt! Es gibt keine Kulissen, keine Häuser nur mit Vorderfront, keine "kleinen Tricks" wie Elektromotoren im Sägewerk, am Wasserrad oder sonstwo. Die Stadt ist ja nicht nachträglich hingebaut worden wie Disneyland, sondern befand sich schon immer hier. Alles kann man anfassen und alles ist wie früher. Ich war begeistert.


Das einzige Zugeständnis an die jungen Besucher waren die Seifenblasen in der Hauptstrasse, aber die haben ehrlich gesagt auch gut hierher gepasst.



Im Hintergrund ist die Ballarat Goldmine, ohne ihr Gold wäre die Stadt nie so geworden, wie sie war.




Folgendes Bild entstand übrigens nicht in Souvereign Hill, sondern im Stadtzentrum vom heutigen Ballarat. Man sieht, auch hier gibt es noch viele alte Häuser!


Ich habe einen ganzen Tag im vorletzten Jahrhundert verbracht und mir bei Dunkelheit auch noch die fantastische Sound-and-Light-Show "Blood on the Southern Cross" angesehen, die vom einzigen bewaffneten Aufstand in Australiens Geschichte erzählt, in dem die Goldsucher wegen unfairer Bedingungen und Korruption gegen Regierungstruppen gekämpft haben.

Am nächsten Tag bin ich über die kleineren Städtchen Daylesford und Castlemaine nach Bendigo gefahren, der anderen bekannten Goldtown in den Goldfields. Hier liegt die ertragsreichste Goldmine Victorias (wobei 120 Gramm Gold in einer Tonne Gestein für mich nicht wirklich lohnenswert klingt, aber das war es wohl, denn in anderen Minen gab es nur 10 Gramm, und das hat sich auch gerechnet). Nachdem ich in Kalgoorlie (keine Zeit wegen Zugverspätung) und Broken Hill (Zufahrtsstraße gesperrt wegen Überschwemmung) nicht unter die Erde gehen konnte, klappte es diesmal beim dritten Anlauf und ich habe mir die Central Deborah Gold Mine in 63 Meter Tiefe (maximal 1400 Meter!) angesehen.


Jeder bekam ein Plastikhütchen mit Lampe auf den Kopf, und dann ging es mit dem Lift im Schacht abwärts. Von der Führung ist mir nur noch in Erinnerung, dass es damals vom Goldheraushämmern extrem laut gewesen sein muss, aber bevor die Bergleute taub geworden sind, sind sie eh meist schon wegen zu viel scharfkantigem feinen Felsstaub gestorben, der die Lungen regelrecht zerschnitten hat.


Keine angenehme Arbeit, trotz der Aussicht auf ein paar Goldnuggets. Da geht es mir vergleichsweise gut, allerdings habe ich hier ganz andere Probleme: Mittlerweile klettert hier die Temperatur auf über 40 Grad (!), und wenn es draußen schon so heiss ist, könnt ihr euch ja vorstellen, wie heiss es IM Auto wird, wenn der Wagen steht. Ich kann mich abends beim Einschlafen nicht mal hin- und herwälzen, weil ich mit dem Rücken an der Matraze festklebe. Wie eklig! Und mangels Kühlschrank muss ich alles Frische sofort aufessen. Mir ist aufgefallen, dass ich die Tomatensoße, wenn ich mir Nudeln koche, gar nicht mehr erhitzen brauche; einfach über die Nudeln kippen reicht völlig!

Nachdem ich die Goldfields-Region verlassen hatte, habe ich einen Tag Halt in Echuca gemacht, dem ehemals größten Inlandshafen Australiens. Echuca ist ein nettes, aber kleines Städtle, das überwiegend davon lebt, Touristen auf den alten Schaufelraddampfern umherzufahren. Genau das hatte ich auch vor, und so habe ich eine Karte für die Fahrt mit der PS Adelaide von 1866 auf dem Murray gekauft, dem längsten Fluß Downunder, der von Queensland über New South Wales bis nach South Australia fließt (ganz so weit bin ich nicht gekommen). Eigentlich hatte ich mir Schaufelraddampfer laut und dreckig vorgestellt, veraltete Technik eben, aber ich wurde positiv überrascht: Das Schiff gleitet bis auf das leise Zischeln der Dampfmaschine fast geräuschlos und vor allem ohne jede Vibration übers Wasser. Jede moderne Diesel-Fähre ist da deutlich unangenehmer. Hätte ich nicht gedacht. Baut wieder mehr Schaufelraddampfer!


Bevor ich nach Sydney komme, habe ich nun noch den Kosciusko Nationalpark mit dem höchsten Berg Australiens und die Hauptstadt Canberra vor mir, doch davon mehr im nächsten Beitrag!