Mt Kosciusko und Canberra (oder: Ab jetzt wieder Fußgänger)
Ich habe jetzt schon viel von Australien gesehen, aber auf dem höchsten Berg des Landes war ich noch nicht. Allerdings, hoch ist er nach unseren Maßstäben nicht gerade, der Mount Kosciusko, "nur" 2226 Meter. Nun ja, offenbar aber hoch genug, um meinem Auto eine Zwangspause wegen eines heißen Motors zu verpassen. Aber bei solchen Landschaften nehmen wir doch gerne mal eine Auszeit.


Thredbo, der Hauptort der Region, sieht aus wie eine Kopie eines schweizer Ski-Dorfes, inklusive mehrstöckiger Häuser mit Ziegeldach und Holzplanken, also sehr ungewöhnlich für Down Under. Und Skier werden hier auch verkauft, auch wenn die Skisaison nur 3 Monate beträgt. Momentan ist ja eh Sommer, da ist der Ort fest in der Hand von Bergwanderern. Und da ich schon mal da war, dachte ich mir, da mach ich doch mit und laufe auch gleich mal rauf auf den Hügel (die Teerstraße über den Charlotte Pass wollte ich meinem Auto lieber nicht mehr zumuten). Es gab zwar auch eine Sesselbahn, aber wandern tut ja gut, und das Geld kann man sich sparen. Dachte ich mir. Als ich nach 3 Stunden Kletterei über steile Wanderpfade und Skipisten endlich oben war, war ich völlig fertig und gut verschwitzt von 35 Grad. Vielleicht hätte ich doch den Lift nehmen sollen. Hier das Foto vom Rückweg, da kann ich schon wieder lächeln.

Fliegen gab es ohne Ende; gut, dass ich mir in Echuca diesen Hut mit integriertem Fliegennetz geholt habe. Übrigens war ich erst von der Tal- auf die Bergstation gewandert, der Weg zum Mount Kosciusko lag noch vor mir. Zum Glück war er nicht mehr so steil.

Und da hinten irgendwo ist er, der höchste Berg Australiens. Nicht grade ein Eye-Catcher. Genau dann, als ich angekommen war, kühlte es ab und fing an zu regnen.

Ich konnte die Aussicht kaum geniessen und bin natürlich sofort wieder zurückgehastet. Ab der Bergstation wurde es dann wieder heiß. Der Wettergott mochte mich an diesem Tag nicht. Dafür hat mir ein kleiner Junge beim Abstieg seine letzte Fahrt für die Sommerrodelbahn geschenkt!
Mein nächster Stopp war in Canberra, Australiens kleiner Hauptstadt, und gleichzeitig dem kleinsten Bundesstaat (eine politisch ähnliche Konstruktion wie Berlin, Hamburg oder Bremen). Etwas außerhalb des Staatzentrums, in der Tidbinbilla Nature Reserve, steht das Deep Space Communication Centre, von dem aus die NASA unter anderem das Weltall nach Außerirdischen absucht, Satelliten überwacht und mit Raumschiffen kommuniziert. Diese Art von Anlage mit mehreren riesigen Antennen gibt es nur dreimal weltweit, in Californien, Australien und Spanien. So ist die ganze Welt mit dem Antennensignal abgedeckt.

Ich fand das Foto originell, weil der Kinderspielplatz die wahre Größe der Antenne verdeckt (70 Meter Durchmesser) und sie wie ein Spielzeug aussehen lässt. Es gab im Deep Space Centre eine Menge zu entdecken und zu besichtigen, zum Beispiel einen Nachbau des sechsrädrigen Marsroboters, der Bilder von der Marsoberfläche sendet.
Canberra selber hat sich von einer langweiligen Beamtenstadt zu einer Touristenattraktion mit fantastischen Austellungen und Museen gewandelt. Und das Beste ist: Die meisten Touristen (und Australier) haben das noch gar nicht mitbekommen, soll heißen, die Stadt ist recht leer. Könnt ihr euch eine Führung im Berliner Reichstag ohne Warteschlange und mit 10 Teilnehmern vorstellen? In Canberras neuem Parliament House ist das möglich.

Hier liegt übrigens eine der weltweit vier Originale der Magna Charta aus dem 13. Jahrhundert aus.

Bevor Australiens Parlament im neuen Parliament House getagt hat, war es 50 Jahre in einem provisorischen Gebäude, dem Old Parliament House, untergebracht. Das hat mir ehrlich gesagt fast besser gefallen.

Die neue Architektur ist oft so schmucklos, nur Beton und Stahl; ein Parlamentsgebäude kann ruhig etwas Majestätisches ausstrahlen. Die meisten Gebäude hier verlangen übrigens keinen Eintritt, wohl um die wenigen Besucher nicht auch noch zu vergraulen. Überhaupt merkt man, das massiv Geld in die kleine Stadt gepumpt wird, um sie aus dem Schatten von Sydney und Melbourne zu heben.
Obligatorisch war für mich ein Besuch bei der Deutschen Botschaft in Canberra. Aber es war recht enttäuschend, unser Häusle ist ein langweiliger 70er-Jahre Funktionbau. Häßlicher gehts kaum.

Einige andere Länder haben da mehr auf die Beine gestellt, zum Beispiel ein paar Länder aus Asien mit tempelähnlichen Pagoden, die extra für Besucher öffnen. Besser war da das War Memorial, das, anders als der Name vermuten lässt, eines der größten und besten Museen Australiens ist und aller Kriege gedenkt, in denen Australier gekämpft haben.


An der Wall of Honour sind die Namen sämtlicher Verstorbenen verzeichnet. Die Idee mit den vielen roten Kunstrosen auf der schwarzen Steinwand fand ich ganz fantastisch. Vom War Memorial führt eine Sichtachse zum alten und neuen Parliament House.

Canberra unterscheidet sich vollkommen von allen anderen australischen Städten. Die Stadt ist Anfang des 20. Jahrhunderts praktisch am Reißbrett entstanden und basiert auf den Prinzipien einer Gartenstadt mit weitläufigen naturbelassenen Flächen und Parks, was ihr den Beinamen "Busch-Hauptstadt" einbrachte. Der Nachteil dabei ist, das die Entfernungen zwischen verschiedenen Sehenswürdigkeiten enorm sind und man zu Fuß praktisch nichts erkunden kann, zu lange wäre man unterwegs.
Nach drei Tagen habe ich Canberra wieder verlassen, um noch genügend Zeit für meinen Autoverkauf in Sydney zu haben. Auf dem Highway nach Sydney habe ich die letzten "Highlights" meiner letzten Autoreise in Australien abgegriffen, das weltgrößte Betonschaf in Goulburn...

...und den größten Buddhatempel der Südhalbkugel in Wollongong.

Im Kangaroo Valley, eine Stunde südlich von Sydney, habe ich übernachtet, und ein Wombat hat sich nachts lautstark am Autoreifen den Rücken gekratzt, so dass ich zweimal aufgewacht bin, weil der ganze Wagen gewackelt hat (ich hab das Wombat im Licht der Taschenlampe genau gesehen).

Noch so ein Foto wie im letzten Beitrag! Die haette ich viel oefter machen sollen.
In Sydney war dann wieder Schluss mit dem lockeren Reiseleben, jetzt hieß es Autoverkaufen. Zu diesem Zweck hatte ich bereits vor vier Wochen einige Verkaufszettel mit Fotos, Beschreibung und meiner Telefonnummer in der Stadt an den typischen Punkten verteilt (vor allem im Backpackerviertel Kings Cross und in vielen Hostels), aus der immerhin eine (!) Nachfrage resultierte. Nach einer Probefahrt wollten die beiden Mädels den Wagen kaufen, bestanden aber noch einen Werkstattcheck. Ich hatte nichts dagegen, zwar würde sicher irgendetwas gefunden werden, hier und da knackts und klickts schon mal bei dem Wagen, aber er fuhr ja gut. Leider hat die Werkstatt dann doch mehr Mängel gefunden als ich vermutet hatte, so dass ich wieder ohne Käufer dastand. Nun musste ich also möglichst einen Käufer finden, der nicht auf einem Werkstattcheck bestand, was dem möglichen Verkaufspreis logischerweise nicht gerade zugute kam. Noch dazu war das Autoangebot in Sydney recht gut, was den Verkaufspreis weiter reduzierte. Es ist schon eine schwierige Situation, in einem fremden Land ein stark mängelbehaftetes Auto in einer recht kurzen Zeitspanne möglichst teuer zu verkaufen. Würde ich zu lange warten und keinen Käufer finden, hätte ich ein Problem. Also besser low money als no money. Die ganze Zeit habe ich im Auto übernachtet, um Geld zu sparen, nicht gerade angenehm (und erlaubt) innerhalb der Stadt. Jeden Tag bin ich durch die Straßen gezogen und habe meine Verkaufsanzeigen in Hostels und an Straßenlaternen geklebt (und natürlich im Internet). Einziger Lichtblick in dieser Zeit war das kostenlose Konzert des Sydney Sinfonie Orchesters im Botanischen Garten. Mit kleinem Feuerwerk am Ende. Jetzt hab ich doch noch ein Feuerwerk in Sydney gesehen!

Nach quälend langen Tagen und Übernachtungen auf Parkplätzen in verschiedenen Suburbs habe ich aber doch noch einen Käufer gefunden, dem ich den Wagen andrehen konnte. Erstaunlicherweise einem Ex-Kfz-Mechaniker. Naja, er muss ja wissen, was er kauft.

Und jetzt ist der Wagen verkauft (ich habe ihn gleich in der Motor Registry abgemeldet) und ich wieder "Fußgänger". Irgendwie bin ich fast etwas traurig, andererseits aber auch erleichtert; ich hatte keinen Unfall und - trotz vieler kleiner Defekte - keine kostspielige Panne. Beides wäre hier wohl das Aus für meine Reise im eigenen Auto gewesen. Aber alles ist gut gegangen. Ein Glück! Ab jetzt ist die rechte Hosentasche wieder frei, wo der Autoschlüssel immer war, ich übernachte nicht mehr im Wagen, wo ich von den ersten Sonnenstrahlen geweckt werde, es gibt kein Haarekämmen im Rückspiegel mehr, keinen morgendlicher Öl- und Wassercheck, der bei den heißen Temperaturen mittlerweile festerer Bestandteil des Tages war als das Zähneputzen, kein Frühstück mehr im Auto, mit dem Teller eingeklemmt hinter dem Lenkrad, kein Karte halten mit der einen und Lenken mit der anderen Hand mehr, kein abendliches Wühlen in der Speisekammerbox (mach ich jetzt Nudeln, Nudeln, Reis oder Nudeln?), kein Suchen nach einem unauffälligen und möglichst wenig schrägen Übernachtungsplatz, keine Sternegucken durch die Heckscheibe inklusive Fluchen über die durchgelegene Matraze. Vor allem aber: Kein "Mein Zuhause"-Gefühl mehr beim Anblick eines Autos, das fünf Monate mein Zuhause war - mein Fortbewegungsmittel, mein Bett, Esszimmer, Speisekammer, Gepäckraum, Leseraum, Rückzugsraum, kurz: meine Reisezentrale. Stattdessen wieder: Selber laufen. Zur Bushaltestelle, zum Bahnhof, zum Einkaufen, zum Sightseeing. Überallhin. Und mit dickem Rucksack am Rücken, wie in meinen ersten Monaten in Australien.
Aber immer wenn ich zu wehmütig an den Wagen denke, nehme ich mir einfach die Mängelliste des letzten Checks, dann kommt wieder Erleichterung. Nachdem nun alles gutgegangen ist, will ich sie euch nicht vorenthalten, denn sie ist der absolute Hammer (ich hoffe, euer Englisch reicht für die Fachbegriffe aus):

28 Mängel! Sicherlich, vieles ist Kleinkram, wie die defekte Glühlampe, der wackelnde Fahrersitz, dem eine Schraube fehlt, die Windschutzscheibe mit ein paar Kratzern am Rand und die kleine Delle im Dach. Anderes dagegen ist schon heftig, wie der undichte Benzintank oder die gebrochene Motoraufhängung (das muss man erst mal schaffen). Ich bin der Meinung, dass ein Großteil der Mängel schon länger bestand, da Daniela und ich immer vorsichtig und langsam gefahren sind, aber das ist im Nachhinein schwer zu sagen. Tatsache ist: 15 Jahre harte (zum Teil ungeteerte Outback-)Straßen fordern ihren Tribut - wie man sieht, hauptsächlich in der Mechanik, weniger in der Elektronik.
Der Mechaniker, der mir diesen Bericht gab, schien fast erstaunt, dass ich es überhaupt in die Werkstatt geschafft habe, dabei sind wir 19.000km durch ganz Australien gefahren. Das hat schon was!

Tja. Das war mein erstes Auto. Wie ihr seht, hat es mich beschäftigt. Aber schön wars trotzdem :-)
2 Comments:
Hey ho, let's go.
Kann mir vorstellen, dass das erstmal ein komisches Gefühl ist, wieder ohne Auto unterwegs zu sein. Mängel am Wagen und trotzdem fahren, das hat mich doch stark an Island erinnert, wenn ich bedenke, dass ich da mit einem Tankleck durch die Gegend gekurvt bin... Das Steinschaf find ich echt super. Wann gehts auf nach Neuseeland?
Übrigens hat Penny heut Geburtstag.
Liebe Grüße aus dem Schneematsch-Berlin.
Great work.
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