Dienstag, Oktober 24, 2006

Arbeit auf dem Weingut "Lost Lake"

Wie ihr sicher schon ahnt, wenn ihr den Blogtitel lest, bin ich nicht mehr auf Jobsuche in Perth. Nach drei Wochen und 50 Bewerbungen, die Haelfte davon Blindbewerbungen, habe ich es aufgegeben. Zwar war die Resonanz besser als auf meine Bewerbungen in Deutschland, ich hatte sogar drei Vorstellungsgespräche bei Werbeagenturen, aber es hat sich noch kein Job ergeben und es ist auch noch keiner in Sicht. Auch hier wird mehr Praxiserfahrung verlangt, und da habe ich es schwer als Anfänger. In Deutschland hätte ich mehr Geduld bei der Jobsuche, aber hier in Australien fände ich es schade, einen großen Teil meiner begrenzten Zeit mit dem Warten auf die Resonanz meiner Bewerbungen zu verbringen. Zumal es ja auch Jobs gibt, die man ohne Wartezeit bekommt. Hier noch einige Bilder aus Perth:


Freie Fahrt für freie Bürger. Oder so. Für mich ein typisches Bild von Perth.


Der London Court (Court = kleiner Weg, hat nichts mit Gericht oder so zu tun, wie ich erst dachte) ist eine kleine Gasse, die im Stil altenglischer Gassen nachgebaut wurde. Von aussen ist sie zwar umrahmt von häßlichen Hochhäusern, ...


...aber wenn man einmal das Tor durchschritten hat, fühlt man sich wie in einer anderen Welt. Ein bisschen wie in Harry Potters Winkelgasse.


Mittlerweile ist Daniela wieder aus dem Süden zurück und hat ihre Eltern am Flughafen verabschiedet. Wir wollen für die nächsten rund sieben Wochen noch gemeinsam reisen und arbeiten, das spart Spritgeld und hat bisher bestens geklappt. Vor dem Vergnügen steht aber die Arbeit, und so sind wir zu einer der Backpacker-Jobagenturen Perths gegangen. Ich hatte eigentlich einen Kitchen Hand Job in Perth im Kopf, um ein wenig meine Kochkünste zu verbessern. Den gab es zwar leider nicht, dafür hat aber gerade ein Weingut in Pemberton Arbeiter gesucht. Arbeiten auf einem australischen Weingut - das klang verlockend, ich sah mich schon mit einer Runde von Weinkennern gemütlich verschiedene Weine verkosten. Na gut, die Vorstellung war ein wenig naiv, das war schon klar, aber wir haben trotzdem kurzentschlossen zugesagt und sind am nächsten Tag (18.10.06) aufgebrochen. Pemberton liegt Südwesten Westaustraliens, und da wir die Gegend sowieso noch ansehen wollten, hat uns die lange Fahrtstrecke nichts ausgemacht; wir haben sogar noch einen dritten "Weingutarbeiter" im Auto mitgenommen. Auf der Fünf-Stunden-Fahrt haben wir in Bunbury und Busselton Halt gemacht und den längsten Holzsteg Australiens angesehen, auf dem sogar eine Eisenbahn fährt. Ich weiß nicht, wofür ein 2km langer Holzsteg mit einer Eisenbahn darauf gut sein soll, aber die Frage haben sich die Australier wohl nicht gestellt.

Über Pemberton steht im Lonely Planet: "Pemberton the wondertown. In the midst of the stunning Karri Forrest Explorer drive, surrounded by vineyards, this pretty place is making a name for itself in wine making and nature-based tourism. If you arrive in town too late, however, it will be nuts and berries for you." Dem läßt sich noch hinzufügen, 800 Einwohner, 1 Dorf-Supermarkt, 1 Sägewerk. Und das ist Pemberton:


Mit den grünen Bergen, Wäldern und Feldern sieht es im Grunde aus wie im bayerischen Wald, wenn nicht die Häuser so anders wären.


Aber viel Zeit für Bayern-Australien-Vergleiche blieb uns nicht, denn es ging sofort los mit der Arbeit. Der Wein ist noch nicht reif, und damit die Pflanze die ganze Kraft in die Trauben steckt, müssen alle Blätter am Stamm bis in etwa 80cm Höhe ausgerissen werden. Das wäre eigentlich eine wenig anstrengende Arbeit, müsste man sich nicht immer herunterbeugen, da der Wein nicht gerade hoch ist. Das geht entweder stark auf den Rücken, wenn man sich herunterbeugt, oder auf die Knie, wenn man sich hinhockt. Wir arbeiten hier übrigens nur zu zweit und haben noch das ganze Weingut vor uns. Puh!



Auf dem nächsten Foto ziele ich nicht mit einem Speer auf einen Maulwurf, sondern hacke mit einer schweren Eisenstange die harten Strünke und Wurzeln knapp über und unter der Erde ab. Oberarmtraining, aber wenigstens rückenschonend!



Im Gegensatz zu meiner Arbeit beim Kürbisernten sehen wir hier viele Tierchen. Vor allem jede Menge Spinnen und Schnecken.



Das ist vielleicht eklig, wenn man beim Blätterabstreifen eine Schnecke zermatscht. Besonders, weil die Handschuhe Löcher haben. Aber in Spinnweben hineinlaufen ist auch nicht besser.
Auf der Toilette klebt ein Schild, man soll den Klodeckel herunterklappen, weil sonst Frösche im Klo wohnen wollen. Einer saß schon auf dem Wasserkasten und hat gewartet.


An einem Nachmittag hatte der Himmel weiße Streifen. Im Hintergrund links ist das Farmershaus. Es ist ein Familienbetrieb, und wir sind sogar schon zum BBQ eingeladen worden.


Gearbeitet wird immer, bei Regen und bei Sonnenschein. Tage mit grauem Himmel sind sogar angenehmer als die drückende Hitze bei Sonnenschein, vorausgesetzt, es regnet nicht zu stark, meine Schuhe sind nämlich nicht dicht, das ist mir nach 8 Stunden mit kalten Füßen klar geworden.




Da tut der Rücken schon vom Hinsehen weh, oder? Und die ganze Reihe noch vor einem. Und dann die nächste und übernächste. Aber immerhin kann ich nun sagen, ich habe mal in einem australischen Weingut gearbeitet. Und das ist ja auch was.


Nach einer Woche Arbeit haben wir jetzt erst mal einen Tag Pause und machen einen Ausflug nach Margaret River.

Dienstag, Oktober 10, 2006

Jobsuche in Perth

Wir sind in Perth angekommen! Und haben uns nach einem kurzen Schock (huch, so viele Menschen! Und sogar Ampeln!) sofort ins Stadtleben gestürzt, und zwar zuerst für einem Tag Sightseeing in den historischen Stadtkern von Fremantle.




Fremantle war früher der Hafen von Perth, hat sich aber zu einer eigenen Stadt entwickelt, die mittlerweile in Perth übergeht.



Nach einem weiteren Tag Sightseeing in Perth ist Daniela dann mit ihren Eltern zu einer Tour in den Südwesten aufgebrochen, und ich hatte ab sofort genügend Zeit, mit der Jobsuche zu beginnen. Welch eine Umstellung! Die Reisezeit mit neuen Erlebnissen an jedem Tag ist plötzlich vorüber, und mich hat der Alltag einer Großstadt wieder. Ich komme mir schon fast vor wie beim Bewerbungenschreiben letztes Jahr in Berlin. Nur dass ich auf der anderen Seite der Welt bin und beim Blick aus dem Fenster auf andere Häuser schaue. Irgendwie habe ich ständig das Gefühl, ich müsste jetzt wieder ins Auto steigen und weiterfahren. Schon seltsam, wie man sich ans Reisen gewöhnt. Untergekommen bin ich in der Rainbow Lodge, einem Hostel zehn Minuten vom Stadtzentrum entfernt.


Mit Sondererlaubnis des Hostelbesitzers kann ich im Auto auf dem Hof schlafen und alle Einrichtungen im Hostel mitbenutzen, das spart einiges an Geld im Vergleich zum Bett im Hostelzimmer. Es ist ein bischen ranzig hier, besonders die Duschen, und in der Küche müssen sich 40 Leute 15 Teller und Besteck teilen, aber dafür gibts morgens kostenlos Toast und Erdbeermarmelade. Als ich mich über den komischen Geschmack gewundert habe, hat mir jemand geflüstert, dass es eigentlich Donutfüllung ist, die sie einmal pro Woche kostenlos beziehen, aber sie nennen es Erdbeermarmelade, das klingt besser.

Hier ein ganz seltenes Foto, das beweist, dass es auch hier mal richtig regnen kann. An diesem Tag hat es wirklich geschüttet.


Seltsamerweise erinnern mich einige Teile der Innenstadt von Perth an eine andere Stadt. Lange habe ich überlegt, welche das sein kann. Klar, Brisbane oder Sydney, alle australischen Städte sehen ja ähnlich aus, aber das war es nicht. Dann fiel es mir ein: Greifswald. Da kann ich mich auch an diese breiten Zufahrtsstraßen in den Randbezirken erinnern - wie hier in den Suburbs, und auch da war die Einkaufsmeile gemischt aus modernen Plattenbauten und einigen historischen Gebäuden. Hm, das ist jetzt nicht gerade schmeichelhaft für die Metropole Perth, mit Greifswald verglichen zu werden. Oder andersrum? Unangenehm für Greifswald? Perth hat zwar einiges zu bieten, aber eben nur keine Geschichte, es ist eine absolut moderne, irgendwie fast etwas charakterlose Stadt. Aber wie gesagt, das Schicksal teilt Perth ja mit fast jeder anderen Stadt in Australien. Da hilft nur eines: Sich an den guten Seiten erfreuen. Und die sind: Tolle Natur bis ins Stadtgebiet, Parks, Wasser, Strände, entspannte Leute, fröhliche Stimmung. Und eine gute Infrastruktur: In dieser jungen Stadt wurden die Autos bei der Planung berücksichtig. Alle wichtigen Straßen sind breit genug und mehrspurig angelegt. Wobei man gar nicht Autofahren muss - in der Innenstadt sind Busse und Bahnen kostenlos.

Meist beschäftige ich mich den halben Tag mit der Jobsuche und sehe mich danach in der Stadt um. Hier seht ihr mich beim Bewerbungenschreiben im Computerkabuff.


Ich nutze die größte australische Jobsuchmaschine www.seek.com.au, klappere die Schwarzen Bretter der Hostels ab, suche in den Gelben Seiten, war bei privaten Arbeitsagenturen für Working Visa Inhaber und laufe mit offenem Auge durch die Stadt. Bis jetzt hatte ich zwar schon zwei Vorstellungsgespräche und zwei interessierte Nachfragen, aber auch hier ist die Konkurrenz vor Ort und und ich habe bis jetzt nur Absagen bekommen.

Perth liegt am Swan River. Der heißt so, weil hier jede Menge schwarzer Schwäne sind.



In Perth leben übrigens dreiviertel aller Einwohner Westaustraliens - 1,5 Millionen. Tendenz steigend. Hm, ins Outback will wohl keiner.



Wieso ist es hier eigentlich möglich, mit dem Jetski mitten im Stadtgebiet zu fahren, und bei uns in der Müritz werden die Boote auf 5km/h abgebremst?



Alt vor neu. Schon ulkig. Es gibt auch ältere Gebäude in Perth wie diese Windmühle, aber das meiste ist neu und aus Beton. - Diesen Weg muss ich entlanggehen, wenn ich vom Hostel zum Bahnhof will.


Endlich bin ich auch zu einigen Dingen gekommen, die im knappen Zeitplan der letzten Wochen wegfallen mussten. Zum Beispiel unsere wertvollen Fotos auf CD sichern, das Auto einer Intensivreinigung unterziehen (die Insekten an der Motorhaube sahen schon aus wie eine Sonderlackierung: Weiß mit schwarzen Punkten) und fünf Wochen Tagebucheinträge nachtragen. Und hier bin ich bis jetzt überall gewesen (blau: per Bus, rot: per Zug, türkis: per Flugzeug, grün: per Auto, und wenn man auf die Karte klickt, wird sie größer):


Zu so schönen Fotos wie in den letzten Wochen komme ich in Perth zwar nicht mehr, und viel zu schreiben habe ich auch nicht, weil ich meist "nur" mit der Jobsuche beschäftigt bin. Also wünscht mir alles Gute und viel Erfolg dabei!