Fruitpicking in Childers
Der erste Ort, der einem in Australien in Zusammenhang mit Fruitpicking einfällt, ist meist Bundaberg in Süd-Queensland. Da Bundaberg aber oft sehr mit arbeitssuchenden Backpackern überfüllt ist, habe ich mein Glück im 50km südlich gelegenen Städtchen Childers (sprich: "tschilders", nicht "tscheilders") versucht, und hatte Erfolg. Die Stadt hat mir von Anfang an gut gefallen. "Childers is an attractive strip of a town, littered with heritage buildings that still thrive off the surrounding orchards." (Lonely Planet)


Hier spürt man noch sehr das Landleben Australiens, es ist eine richtige "Workertown", an jeder Ecke werden Benzinrasenmäher, Heckenscheren und Arbeitshandschuhe verkauft und es gibt Traktoren jeden Alters auf den Straßen. Selbst wer kein Autofan ist, wird die schönen alten Autos in der Stadt bemerken. Japanische Coupes aus des 70ern, alte Datsuns, riesige amerikanische Limousinen mit Heckflossen, Commodores und Falcons aus einer Zeit, als es noch keine Elektronik, dafür aber viel Chrom an den Stoßstangen gab, alle möglichen Oldtimer, die hier einfach so lange gefahren werden, wie sie funktionieren, und ohne Regen und mit dem Mechanikerwissen der Locals hier fahren sie offenbar sehr lange.

In diesem schönen Gebäude war das Hostel untergebracht. Hinter der alten Fassade ist alles neu, da bei einem furchtbaren Feuer vor fünf Jahren das Gebäude total zerstört wurde und dabei 15 Backpacker ums Leben kamen. Gerade in diesen Tagen lief im Fernsehen der Gerichtsprozess dazu. Ich konnte ihn aber leider nicht weiter verfolgen.
Abends ist die Stadt genauso schön, auf der Hauptstraße, die gleichzeitig der Highway von Süd- nach Nordaustralien ist, werden dabei die Bäume stimmungsvoll von unten angestrahlt. Beeindruckend, grad wenn man bedenkt, dass die Stadt nur 1500 Einwohner hat.

Eine Schmalspureisenbahn führt ebenfalls durch die Stadt und transportiert die Ernte, ganz wie in alten Tagen.

Genau, und deswegen bin ich ja auch hergekommen, um zu arbeiten. Pumpkins (Kürbisse) ernten stand auf dem Programm, morgens um 7.30 wurden wir vom Hostelshuttle auf die Farm gefahren, und nachmittags um 4 gings wieder zurück. Dazwischen standen 8 Stunden harte Arbeit, nur unterbrochen von zwei kurzen Pausen.

Die Kürbisse müssen mit einer Gartenschere vom Boden geschnitten und mit einem Tuch grob von der Erde befreit werden. Brillenträger sind dabei im Vorteil, da die Säure von den Stengeln dann wenigstens nicht in die Augen spritzt. Dann werden die Kürbisse auf ein Förderband gewuchtet, dass sie zum Anhänger transportiert, den ein Traktor langsam neben dem Feld herzieht. Die undankbarste Aufgabe hat dabei derjenige, der die Kürbisse im Sekundentakt auf den Anhänger werfen muss, wo der Farmer steht und sie in Kisten verlädt.

Es arbeiten 9 Leute gleichzeitig, und immer wenn der Hänger voll ist, werden die Positionen um eins nach links gewechselt. Spannung ist also garantiert. Es gibt gelbe kleine Kürbisse mit rund 6 Kilo, große grüne mit 12 und die ganz fiesen grauen mit bis zu 20 Kilo. Das dürfte auch der Grund sein, warum hier keine Frauen arbeiten.

Auf den Fotos lachen wir zwar, aber es ist nicht wirklich eine Arbeit zum lachen. Am ersten Tag ist die körperliche Arbeit noch am schlimmsten. Der Rücken schmerzt vom ständigen Bücken, Blasen an den Händen vom Schneiden, taube Arme vom Heben und Werfen und roter Staub am Körper, den der Schweiß in der australischen Sonne am Körper festklebt. Erstaunlicherweise ist die körperliche Anstrengung schon am zweiten Tag nicht mehr das schlimmste. Es ist die Langeweile und Eintönigkeit. Wer nur mal 2 Stunden locker Erdbeeren pflücken war, kann sich vielleicht denken, was ich meine. Immer die gleichen Bewegungsabläufe, noch ein Kürbis, noch einer und noch einer. Es nimmt kein Ende. Langsamer arbeiten bringt nichts, das wird nur noch öder, schneller arbeiten auch nicht, man will ja die acht Stunden voll bekommen, um Geld zu verdienen. Reden geht zwar, ist aber, da man ständig vor und zurück läuft, nicht besonders einfach. Also hören die meisten Musik mit dem MP3-Player (und hoffen, dass er den Staub überlebt).

Die ersten Stunden morgens geht es immer noch, aber am Nachmittag wünscht man sich nur noch weit, weit weg von diesem Ort und dieser öden Arbeit. Man spürt regelrecht, wie proportional zum Muskelaufbau in den Oberarmen das Gehirn abgebaut wird. Kein schönes Gefühl. Es gibt hier einige Australier, die machen das seit vielen Monaten oder gar Jahren, deren Wortschatz besteht nur noch aus Flüchen, da ist kaum noch eine Verständigung möglich. Ich habe mir eine Woche zum Arbeiten Zeit genommen, da ich weiter muss (Flug von Cairns), aber viel mehr hätte ich auch kaum hinbekommen. Ich weiß nicht, ob die Arbeit mit anderen, leichteren Früchten einfacher ist, aber ich konnte es mir auch nicht aussuchen, ich musste nehmen, was halt gerade angeboten wurde.
Morgens in der Wintersonne
sitzt der Knabe voller Wonne
and enjoys the Schokoflakes,
die er aus der kitchen takes.
Eigentlich müsst` es "took" ja heißen,
doch tut der Knab' auf grammar scheissen.
Er denkt vielmehr ans Tageswerk:
Pumpkins ernten an nem Berg.
The Landschaft here is really nice,
kein traffic jam, es ist ganz leis`.
The days he would noch mehr genießen,
würde er hier nicht worken müssen.
Denn worken is schon very hard,
und bringt den guy bald in den Sarg.
Doch ehs soweit ist, da reist er ab,
und überlässt `nem anderen his empty Grab.
(Das kommt davon, wenn man nicht ausgelastet ist.)
Achja, was habe ich verdient? 112 Dollar am Tag, bzw. 96 Dollar nach Abzug der Steuern. Das sind rund 62 EUR. Davon gingen aber gleich noch mal 25 Dollar fürs Hostel und rund 10 fürs Essen drauf. Tjaja. Das ist fünfmal soviel, wie ich bei meinem letzten Praktikum in Berlin verdient habe, und doch sieht "Sparen fürs Reisen" anders aus.
5 Comments:
Boa, das stell ich mir echt hart vor. Aber bei kleineren Früchten, wird's wohl kaum leichter; das Spargel Stechen z.B. soll ja auch voll der Knochenjob sein. Und gegen die Eintönigkeit hilft manchmal auch singen (hab ich oft in Island getan, beim Stall säubern) - oder warum denkst du haben Schwarze so gute, kräftige (Sing)Stimmen?
Aber du hast es überlebt ;-)
hast du eigentlich schon giftige tiere gesehen? auf den zuckerrohrfeldern solls ja so giftige schlangen geben,...bei kürbissen auch?
ich hab bei melbourne mal ne king brown gesehen, soll eine der giftigsten sein!!
also enjoy Barcy! hoffe dir hat s gefallen und gefällt s immer noch!
cu K
Fruitpicking ist so ein niedliches Wort und dann aber solche Strapazen. Ich glaube, Du hast wirklich nicht übertrieben.
Das Gedicht gefällt mir. Bitte mehr davon!
Gut zu wissen, dass es in Australien auch Fernsehübertragungen aus Gerichtssäalen gibt.
Florian
Geh du dich amuesieren auf deiner Reise... :) ich habe diese Woche angefangen zu arbeiten und mein Highlight sind ein paar Delfine im Meer die ich in der Mittagspause beobachten kann. Mir gefaellt es immer besser in Brissie. Konnte mich also vor den strapazen des fruechte pflueckens druecken.
cu silky (mein neuer Name :) )
Mein Beileid,
Nach dem Praktikum kommt man sich ja beinahe fair bezahlt vor, aber leider läßt sich sicher nicht die Reise von finanzieren.
ich fühle mit Dir!
PS: Bastel derzeit an Wartungsverträgen für Websites und werde bei dem was ich lese, gleich mal meinen Stundensatz korrigieren;-)
Kommentar veröffentlichen
<< Home