Freitag, August 04, 2006

Cairns - Am Ende der Ostküste

Am 28. Juli 2006 bin ich nach Mission Beach gefahren, mitten in den Regenwald, oder das, was der Cyclon vor 9 Monaten davon noch übrig gelassen hat. Das Treehouse-Hostel dürfte australienweit bekannt sein, es steht wirklich mitten im Regenwald, es gibt keine Schlösser an den Türen, keinen Fernseher, dafür aber Hängematten und Bambusstäbe statt Fenster und viele - ähm - alternativ eingestellte Backpacker. Einer hat mir erzählt, er lebt schon 9 Monate hier und hat erst vor zwei Wochen mitbekommen, dass es ja auch einen Strand gibt, der nur 10min Fussweg entfernt ist. Respekt für diese Erkenntnis! Die Strände sind in der Tat recht leer, es sieht ein wenig aus wie im Reisekatalog, mit grünen Wäldern dazwischen und - aufpassen! - mittlerweile auch Krokodilen. Und natürlich dem Southern oder Australian Cassowary, einen zwei Meter grossen Vogel, der zwar nicht fliegen, dafür aber umso schnell laufen und gut schwimmen kann, und der ganz wichtig ist, um bestimmte Samen von Regenwaldpflanzen zu verteilen. Leider habe ich keinen gesehen, aber die Fußabdrücke am Strand mit den charakteristischen drei Zehen waren schon eindrucksvoll genug.




Da ich bereits sehr relaxt war, habe ich es in Mission Beach nur zwei Tage ausgehalten, dann gings weiter auf meine letzte Greyhoundetappe. Hier ein kurzer Zwischenstopp in Cardwell, auf halbem Weg nach Cairns.



Von Cairns bin ich erst einmal nach Port Douglas weitergefahren, einen kleinen Städtchen 70km nördlich, das ähnlich wie Noosa für teure Hotels und schöne Strände berühmt ist und überwiegend von älteren Leuten besucht wird (wobei in Australien "älter" in Deutschland wohl immer noch "jung" wäre :-). Wenn man mindestens zwei Nächte bleibt, wird man vom Hostelshuttle kostenlos abgeholt und erlebt zwischen Cairns und Port eine der schönsten, kurvenreichen Küstenstraßen Queenslands, zahlreich besucht auch von den sonst hier eher seltenen Motorradfahrern.


Ich habe erstmal ein bisschen Action in die verschlafene Stadt gebracht, nachdem ich die Weiche umgestellt hatte. Das Abstellgleis endet an der Hafenmauer.


Daraufhin musste ich mich schnell unsichtbar machen und bin zur Mossmann Gorge gefahren, einer Schlucht mit Hängebrücke im Regenwald. Hier habe ich endlich mal das erste gefährliche Tier in freier Wildnis gesehen: Eine etwa vier Meter lange Python (leider ohne Foto).



Weniger gefährlich und viel zutraulicher waren die Fische, die einem beim Baden fast die Füße abgeknabbert haben.



Zurück in Cairns war es dann mit der guten Laune schnell vorbei. Die Stadt hat nicht zu Unrecht den Ruf als Backpackerstadt Australiens schlechthin. Tausende strömen morgens zu Cairns einzigem Highlight, einer 4800qm großen Saltwasserlagune, und lassen sich 8 Stunden lang den Hautkrebs einbrennen. Manche Hostels gleichen Schulen (vom Alter der Backpacker) oder amerikanischen Gefängnissen (Bauweise mit betoniertem Innenhof). Ich verschone euch mit solchen Bildern lieber, ein paar schöne Fotos sind mir in der Abenddämmerung am Hafen dann doch noch gelungen.




Dieses Foto entstand an der Esplanade, der Flaniermeile mit Boardwalk am Hafen. Wie unschwer zu erkennen ist, ist gerade Ebbe.


Cairns ist die unbestrittene Hauptstadt der Werbebroschüren und Flyer, die einem von Regenwaldtouren über Korallentauchen bis zum Skydiven oder Kamelreiten alles andrehen wollen. Da muss man sich echt zusammenreißen und sein Geld zusammenhalten (obwohl, welches Geld eigentlich?). Da ich schon so viele Regenwälder und Korallen gesehen habe und ich auch nicht vom Himmel fallen oder angespuckt werden will, ist mir der Verzicht noch verhältnismäßig leicht gefallen und ich bin lediglich einmal mit der Scenic Railway nach Kuranda gefahren, die von Cairns im Schneckentempo die steilen Berge im westlichen Hinterland erklimmt und durch 15 Tunnel fährt. Während der Fahrt wurde über Lautsprecher und Bildschirme erklärt, wie die Trasse vor rund 100 Jahren errichtet wurde.



Kuranda ist ein kleines Dorf in den Atherton Tablelands, das eigentlich nur aus Touristen und Touristenmärkten besteht. Es gibt Kitsch und Ramsch (australisch arts & crafts, frei übersetzt), aber auch einige schöne Mitbringsel, vor allem natürlich "Original australische Didgeridoos" asiatischer Fertigung.


Ich war mit Andrea unterwegs, die in Brisbane 6 Wochen Sprachschule gemacht hat und noch zwei Wochen Urlaub drangehängt hat, bevors bei ihr mit dem Jura-Referendariat weitergeht. Es dürfte wohl die einzige längere Diskussion über Roland Kochs Bildungspolitik und diverse andere originelle, zum Teil typisch deutsche Dinge gewesen sein, die in Kuranda in letzter Zeit geführt worden ist. Aber sowas muntert mich wieder etwas auf, nachdem meine Laune in einigen Hostels in letzter Zeit schon recht down war und das Dritter-Reisemonat-Tief voll zugeschlagen hat: Wer solange reist, kann man eigentlich gar nichts mehr an Informationen aufnehmen bzw. sich über neues nicht mehr freuen, weil das alte noch nicht verarbeitet ist. Ich würde es "Another Day in Paradise"-Effekt nennen. Und dass man ständig neue Leute sieht, ist nur am Anfang schön; bei den meisten oberflächlichen Hostelgesprächen und beim dreißigsten Mal Erzählen des bisherigen und zukünftigen Reiseverlaufs kommt leicht Frust auf. Das ist für euch "Arbeitende" in Deutschland wohl nur schwere nachvollziehbar, noch dazu, wenn ihr diese fantastischen Fotos seht. Aber es ist so, glaubt es mir. Schreibt mir, muntert mich auf, sagt, wie schlimm es euch in Deutschland geht. Das sollte helfen!


Im Hintergrund erkennt man übrigens die Skyrail Rainforest Cableway, mit siebeneinhalb Kilometern die längste Seilbahn der Welt über den Regenwald. Und vermutlich die weltweit einzige mit 90% Anteil japanischer Touristen. Da wir das Leben schon auf dem Hinweg "in vollen Zügen genießen" konnten, haben wir auf dem Rückweg den Bus genommen. Der Ausblick war ähnlich schön.


Damit endet für mich das Kapitel "Australische Ostküste" und gleichzeitig auch ein knappes Drittel meiner Zeit fern der Heimat. Morgen gehts für eine gute Woche ins Red Centre Australiens, wo die Temperaturen vermutlich wieder etwas tiefer sind.

3 Comments:

At 4.8.06, Blogger Katja said...

oje, kopf hoch,...
freu dich aufs outback, da ists nimmer ganz so backpackermäßig und ich denk mal mit karola,toni, michi, mum und dad kommst du bestimmt auch wieder ein bisschen auf andere gedanken! ich kann dich gut verstehen, immer "wo warst du ,wars da schön, wohin fährst du " und dann wieder tschüss und das in jedem hostel!
wirst du auf den Uluru steigen oder zu viele bedenken?
ich hab damals n rundflug gemacht , war super. die wanderung durch die olgas die dauert so 3-4 h ist auch sehr lohnenswert. wie kommst du eigentlich hin? bus oder flugzeug?
lass dir gut gehen!

 
At 6.8.06, Anonymous Anonym said...

Hi Chris,

oh, oh, les ich da Heimweh in deinem Bericht? Ich kann dich schon verstehen, soviel auf einmal, da fehlt einfach die Konstante. V.a. immer den gleichen Text erzählen zu "müssen" stell ich mir assi vor.
Mit schlechten Neuigkeiten über Deutschland und das Allgäu kann ich dir "leider" nicht dienen. Nur das schlechte Gewissen, dass ich mich so lange nicht mehr gemeldet hab, nagt an mir... näheres folgt per Mail! Erinnere dich an deine Bewerbungszeit und das letzte Praktikum, dann wird dir deine Reise wieder besser schmecken. Außerdem hast du durch deine ausführlichen Berichte eine super Erinnerung an diese wertvolle Zeit, ein Leben lang! Weiter So!

Grüße ausm Allgäu,
helmut

 
At 10.8.06, Anonymous Anonym said...

What's the craig?
Vielleicht hilft es, zwischen all dem Reisen auch mal wieder zu jobben, dann feut man sich wieder auf den nächsten Aufbruch (denk an die Kürbisernte!)
Wieviel zahlt man denn für so ein "original" Didgeridoo?
Penny meint, du sollst ihr einfach mailen, ich schick dir ihre Adresse.
Gruß auch von Vincenzo!
Werde dir ein paar Fotos zukommen lassen.
Bis dann
Sandra

 

Kommentar veröffentlichen

<< Home